Für meinen ersten Wochenbettbesuch nehme ich mir immer extra viel Zeit.
Ich möchte die Geburtsgeschichte ganz genau hören.
Ich gucke vorher nicht in den Geburtsbericht oder ins Untersuchungsheft, ich möchte von den Eltern hören wie es für sie war, wie sie diesen Moment erlebt haben.
Es sind einzigartige Geschichten. Die Länge, die Dauer und die Intensität, das Überrascht werden, das Erstaunen und manchmal auch die Traurigkeit, dass es anders gekommen ist als gehofft.
Auch wie die Paare darüber reden, ist unterschiedlich. Manche kurz und knapp im Nachrichtenstil, manche in allen Einzelheiten, bemüht jede Minute, jede Sekunde nachzuvollziehen. Manche Paare haben völlig unterschiedliche Wahrnehmungen. Oft höre ich von den Partnern, wie unsicher sie waren – während die Frau sich sicher gefühlt hat und in sich selbst versunken ihrer Wehenarbeit nachgegangen war.
Oft fließen Tränen der Freude, der Rührung oder der Trauer.
Für eine gute Verarbeitung des Geschehens ist es wichtig, zu verstehen, was da eigentlich passiert ist.
Ich versuche zusammenzufassen, zu erklären und so die Lücken zu schließen.
In der Alltagsroutine der Klinik, aber auch zu Hause, zählt oft nur das Ergebnis : Mutter und Kind gesund!
Das ist natürlich großartig.
Was aber oft gar nicht richtig gefeiert wird, ist die Kraft und der Stolz der Frau, ihr eigenes Kind auf die Welt gebracht zu haben und zwar ganz egal, ob spontan, mit Kaiserschnitt, zu Hause oder in der Klinik. Ob wie geplant oder völlig unvorhergesehen.
Für mich ist jede Frau, die ein Kind bekommen hat, eine absolute Heldin.
Es gehört so viel Mut dazu, sich in eine so unbekannte Situation zu begeben.
Also schreibt eure Geburtsgeschichte auf – entweder um sie zu verarbeiten, zu verstehen und annehmen zu können oder aber um euch immer wieder daran zu erinnern, wie stolz ihr auf euch sein könnt.
Vielleicht schreibt ihr getrennte Berichte, jeder aus seiner Wahrnehmung, vielleicht kommt ihr darüber ins Gespräch und ganz besonders wünsche ich euch, dass dies eine Kraftquelle für euch wird, auf die ihr immer zurückgreifen könnt.
Seid stolz ! Erzählt eure eigene Geschichte immer und immer wieder, euch und allen anderen !
Bei uns ist es Tradition, am Vorabend des Geburtstages diese Geburtsgeschichte zu lesen und jedes Mal wieder spüre ich den Zauber des Anfangs, bin unfassbar stolz und dankbar.
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